„Vor Franz Schuberts Streichquintett in C-Dur verneigen sich alle Menschen, denen Musik, Kammermusik gar, etwas bedeutet, glücklich bewundernd – oder sie schwärmen. Das Werk nimmt einen singulären Platz in Schuberts Schaffen, ja gar in der Musikliteratur ein. Es ist rätselhaft, und es ist vollendet … Mit Worten kann kein Mensch das tönende Mysterium dieses Werkes völlig enträtseln oder auf Begriffe bringen.“ (Joachim Kaiser)
Franz Schubert (1797-1828)
Streichquintett C-Dur op. post. 163
1. Allegro ma non troppo
2. Adagio
3. Scherzo. Presto – Trio. Andante sostenuto
4. Allegretto
Ausführende:
Frielinghaus Ensemble
Gustav Frielinghaus & Leonard Fu, Violine
Sào Soulez Lariviere, Viola
Simon Eberle & Mathis Merkle, Violoncello
Frielinghaus Ensemble (frielinghaus-ensemble.de)
Tickets: 15 Euro (13 Euro für Vereinsmitglieder)
Karten nur an der Abendkasse (öffnet 30 Minuten vor Konzertbeginn). Ticketreservierung per Mail an info@rathauskonzerte-ganderkesee.de
Franz Schuberts Streichquintett C-Dur, komponiert 1828, wenige Monate vor seinem Tod, ist ein resignierter Abgesang auf die Jugend: „Freylich ist’s nicht mehr jene glückliche Zeit, in der uns jeder Gegenstand mit einer jugendlichen Glorie umgeben scheint, sondern jenes fatale Erkennen der miserablen Wirklichkeit, die ich mir durch meine Phantasie (Gott sey’s gedankt) so viel als möglich zu verschönern suche.“ Diese Zeilen an seinen Bruder Ferdinand von 1824 zeigen das gebrochene Weltverständnis des Komponisten, das er in seinen Briefen und Gedichten zum Ausdruck brachte. Die Pole, zwischen denen sie schwanken – die Illusion ersehnten Glücks und das „fatale Erkennen der miserablen Wirklichkeit“ – bestimmen auch das Streichquintett.
Zu Beginn des ersten Satzes und im Adagio scheint das Zeitgefühl aufgehoben. Es ist durch endlos gedehnte melodische Bögen außer Kraft gesetzt. Melodien, die kein Ende finden können, scheinen die Schönheit des Lebens wieder und wieder besingen zu wollen und offenbaren gerade dadurch den Schmerz des Abschieds. „Tiefer Sehnsucht heilges Bangen / Will in schönre Welten langen. / Möchte füllen dunklen Raum / Mit allmächtgem Liebestraum.“ (aus Schuberts Gedicht Mein Gebet, 1823).
Latente Trauer prägt die Themen, so, als ob sie wüssten, dass das in ihnen beschworene Glück Illusion sei. In Fortissimostellen bricht der Traum. Eruptiv entlädt sich der Schrei der Verzweiflung , der in Schuberts Briefen sein Pendant hat: „Denke dir einen Menschen, sage ich, dessen glänzendste Hoffnungen zu Nichte geworden sind, dem das Glück der Liebe u. Freundschaft nichts biethen als höchstens Schmerz“.
Die Stärke der emotionalen Gegensätze führt zu Extremen in Klang und Dynamik, die alles sprengen, was man in der Kammermusik jener Zeit findet. Dauernde Sforzati, der Einsatz von Doppelgriffen und Tremolo und die Ausweitung der Dynamik vom ppp bis zum dreifachen Forte sind Merkmale der Spätromantik, die Schubert visionär vorwegnahm. Dadurch blieben viele seiner posthum veröffentlichten Werke noch Jahrzehnte nach seinem Tod für die Zuhörer unverständlich. Auch das C-Dur-Quintett erschien erst 1853, weil der Leipziger Verleger Probst auf ein briefliches Angebot des Komponisten 1828 nicht eingegangen war. Mit einem Bekenntniswerk wie diesem konnte Schubert im damaligen Musikleben kein Gehör finden. „Meine Erzeugnisse sind durch den Verstand für Musik und durch meinen Schmerz vorhanden; jene, welche der Schmerz allein erzeugt hat, scheinen am wenigsten die Welt zu erfreuen“ (Tagebuch, 1824).
Weitere Infos: Schubert Streichquintett C-Dur erklärt (5-4-3-2-1-Methode) (starkconductor.com)
Audio-Einführung: Franz Schubert: Streichquintett in C-Dur | Klassik entdecken | BR-KLASSIK | Bayerischer Rundfunk
Das Frielinghaus Ensemble vereint befreundete und international ausgezeichnete Kammermusiker, Solisten und Orchestermusiker, die in unterschiedlichen Besetzungen aus Deutschland und dem europäischen Ausland zusammen kommen. Fester Bestandteil ist eine jährlich Anfang Januar stattfindende Norddeutschland-Tour neben weiteren Konzerten in ganz Deutschland und der Schweiz.
2018 gab das Ensemble mit Klavierquartetten von Beethoven und Brahms sein Elbphilharmonie Debüt und ist seitdem regelmäßig in der Elbphilharmonie zu hören. Zahlreiche Aufnahmen, wie die CDs »Springtime« und »Mendelssohn & Bruckner« dokumentieren das künstlerische Schaffen des Ensembles. Über die jüngst veröffentlichte CD »Souvenir de Florence« urteilte die Süddeutsche Zeitung mit »Leidenschaftlich und zart« und Radio Bremen sprach von »unheimlicher Power und ganz viel Lust am Musikmachen«.